“Mit dem musst du mal zur Hundeschule!”

“Mit dem musst du mal zur Hundeschule!”

“Der Hund von XY ist aber schlecht erzogen, mit dem müssen die mal in die Hundeschule.
Der bellt unseren immer so aggressiv an…!”

Kommen euch solche Aussagen bekannt vor?

Egal ob für denjenigen um den es geht oder für den Gesprächspartner sind solche Aussagen mehr als unschön. Und oftmals auch nicht angebracht!!

Natürlich gibt es auch in der Hundewelt kleine Arsch…, genau so wie in der Menschenwelt, doch um die soll es heute nicht gehen.

Gerne und all zu schnell denken manche Menschen in Vorurteilen und Schubladen ohne es zu merken (ich schließe mich hier nicht aus) und ohne zu erahnen welchen (seelischen) Schaden sie damit anrichten können und welchen Anteil sie daran tragen!

 Ein kleines Beispiel gefällig?

Meine Aussiehündin Mila und ich trailen einmal pro Woche in der Hundeschule meiner Kollegin und Freundin Andrea.

Mila ist eine sehr unsichere Hündin, ihr Stresssystem ist schon in reizarmer Umgebung in einem höheren Level angesiedelt als bei anderen Rassen oder ruhigeren Vertretern. Das hat natürlich seine Gründe, doch die spielen nun gerade hier keine Rolle.

Durch ihre Unsicherheit gepaart mit mehr als ätzenden Erlebnissen in ihrer sozial sensiblen Phase findet mein Fräulein Tröti die meissten anderen Hunde schlicht und ergreifend zum kot…. 

Mila braucht mich als Halt … ich bin für sie da!

Bei einer frontalen Hundebegegnung benötigt sie mich als Halt. In vielen kleinen Trainingschritten haben wir es geschafft, dass sie die Nähe von fremden Hunden aushalten kann und mehr oder weniger entspannt an ihnen vorbei läuft.

So nun sind wir am trailen. Von vorne kommt auf der anderen Straßenseite eine Dame mit Hund auf uns zu.

Mila wird unruhig und verlässt die Spur, also nehme ich sie zur Seite und mache eine Pause (jaaaa, ich weiß, ich war zu spät). Wir vergrößern den Abstand, machen ein kleines Leckersuchspiel und warten, dass die Dame vorbei geht.

… Mila – wir kriegen das hin! Vertrau mir!

Mila lässt sich gut ablenken, wird aber zunehmend unruhiger.

Ich vergrößere den Abstand noch ein wenig und warte dass die Dame endlich passiert…und warte…und warte…und warte…

Ich drehe mich um und sehe, dass die Dame ihr Tempo so weit gedrosselt hat, dass sie fast steht. Ihr Hund zieht mit vollem Gewicht zu Mila und er fixiert sie ohne Unterbrechung.

Mein Madamchen fängt an zu fiepen und springt mich an, ich vergrößere den Abstand noch ein  mehr. Mila nimmt das dankbar an, ist aber mittlerweile sehr gestresst und das ist bei ihr unüberhörbar.

Die Crux an der Sache – das Missverständnis Anderer …

Knapp hinter uns wechselt die Dame nun mit ihrem Hund die Straßenseite  und verrenkt sich beim weiterlaufen fast den Hals nach uns.

Na, wenigstens hat sie uns nicht noch zu Dokumentations-Zwecken fotografiert.
(… zur Info: nein, das ist nicht wirklich die Dame, die wir getroffen haben 😉

Was sie gedacht hat …?

Das kann ich nur raten, doch ihren Gesichtsausdruck deutete ich belächelnd und süffisant grinsend.

Oft sind es diese Menschen, die anschließend einem Dritten berichten, was für ungezogene Hunde sie getroffen haben.

Wer hatte jetzt eigentlich “ein wirkliches” Problem?

Dass sie und ihr eigener Hund das Problem mehr als verstärkt hat ist ihnen gar nicht bewusst. Hätte diese Dame ihren Hund in diesem Moment kontrolliert, wären ihrem wie auch meinem viel Stress erspart geblieben.

Noch ein Beispiel?

“Der Hund  ist gefährlich, haben sie das gesehen? Er hat nach meinem geschnappt, einfach so!
Der braucht’ nen Maulkorb”

Aussage eines Hundehalters, der seinen Hund aus 30m Entfernung auf meinen Kunden mit seinem unsicheren Hund zulaufen lies, obwohl ich ihn bat diesen zurückzurufen.

Und noch ein Beispiel?

“Was für ein furchtbarer Hund!

Völlig unerzogen!”

Ein Mensch als Reaktion auf einen Hund (30kg Labbi) aus dem Tierschutz der völlig aufgeregt an der Leine seines neuen Menschen hopst weil für ihn alles neu ist.

Was will ich damit aufzeigen?

Es gibt immer mehrere Sichtweisen für ein und die selbe Situation. Und vor allem ist man meisstens nur Zeuge eines einzigen Momentes.

Natürlich kann man auch die Aussagen der Menschen anders bewerten als ich es hier geschrieben habe. Doch sind die Beispiele hier alle nicht erfunden!

Wenn wir mal davon ausgehen, dass jeder sein bestes gibt, jeder ständig dazu lernt und niemand perfekt auf die Welt kommt, macht es dann Sinn vorschnell Situationen oder Lebewesen zu bewerten?

Ich denke nicht.

Manchmal fällt es mir schwer in diesen Momenten ruhig zu bleiben, aber auch hier wäre es  unangebracht wenn ich den “bewertenden” Menschen unterstelle, dass sie aus böser Absicht falsche Dinge behaupten. Es ist halt ihre Wahrnehmung.

Denn sonst würde ich das gleiche tun, nämlich bewerten und voreilige Schlüsse ziehen. Doch  wollen wir alle doch nur eines und das ist ein schönes, bedürfnisbefriedigtes Leben.

Und jeder von uns hat es sich verdient.

Also versucht doch mal folgendes:

Immer wenn ihr merkt ihr bewertet gerade vorschnell, überlegt mal was für andere Sichtweisen euch noch einfallen und ob diese nicht genau so logisch wären wie die erste Idee die ihr hattet. Ich kann euch sagen ihr werdet merken, dass man immer weniger Gründe findet sich aufzuregen.


FRIESENDOGS
Auffallend anders - eben besonders